
Brasilien ist wahnsinnig facettenreich: von hell bis dunkel ist alles dabei.
Reisezeit
Mai 2018 – Juni 2018
Route
Iguazú → Rio de Janeiro → Pantanal → Cuiabá → Salvador → Praia do Forte → Sao Luis → Barreirinhas (Lençóis Maranhenes) → Manaus (Jungle Lodge im Amazonas Gebiet)
Ein gigantisches Land
Brasilien ist fast 24-Mal so groß wie Deutschland – kein Wunder, dass das Spektrum ebenfalls so unglaublich groß ist…

Brasiliens Auf und Ab
Bei Brasilien muss ich mir immer wieder vor Augen halten wie riesig dieses Land ist – fast 24 Mal so groß wie Deutschland! Ich kann mir vorstellen, dass es wirklich nicht leicht ist so ein Land zu regieren. Das erklärt vielleicht auch das extreme Auf und Ab Brasiliens. Einmal Wirtschaftswachstums-Star in das alle Firmen investieren und wo alle ihre Werke bauen wollen, dann wieder in tiefster Krise ohne Ausblick auf den nächsten Aufschwung.
Für mich war es fast unvorstellbar, aber ein so riesiges Land hat kaum Infrastruktur und die gesamte Logistik läuft ausschließlich über die Straße in Form von LKW. Ein Schienennetz und Züge gibt es nicht (beziehungsweise gab es mal, aber es wurde nicht instandgehalten). Und als ich da war, befanden sich die LKW-Fahrer im Streik mit Straßenblockaden und allem drum und dran. Und das gesamte Land war lahmgelegt. An den Tankstellen bildeten sich wahnsinnig lange Schlangen und die meisten hatten gar nicht mehr auf, weil sie kein Benzin mehr angeliefert bekommen haben. Die Supermarkt-Regale wurden immer leerer, weil die Lebensmittel in den LKW verdarben. Wir sind übrigens durch so eine Blockade durchgefahren – ist alles halb so dramatisch. Als Tourist, normaler PKW oder Durchfahrender bist du problemlos durchgekommen. Nur andere LKW Fahrer wurden quasi gezwungen beim Streik mitzumachen, indem man sie nicht durchgelassen hat. Brasilien ist eine kollektive Gesellschaft. Im besten und schlechtesten Sinne.


Kluft zwischen Arm und Reich
Rio ist berühmt (wenn das überhaupt das richtige Wort ist) für seine Favelas. Während früher Touren in die Favelas angeboten wurden, war das zum Zeitpunkt meiner Reise zu gefährlich – zu groß war das Risiko in einen Bandenkrieg zu geraten und erschossen zu werden. Und trotzdem bleiben viele Menschen in den Favelas, auch wenn sie sich in der Zwischenzeit eine andere Wohnung beziehungsweise Wohnort leisten könnten. Aber ihr gesamtes soziales Umfeld – Familie, Freunde, Bekannte – ist dort, was ihnen sehr viel wichtiger ist als Geld oder Sicherheit. Man hält zusammen und tritt füreinander ein. So ist es beispielsweise in Salvador so, dass man Bier in Literflaschen bekommt und miteinander teilt. Die leeren Flaschen werden dann unter den Tisch gestellt, um den Überblick zu behalten wie viele Flaschen getrunken wurden und wie viel gezahlt werden muss. Das erledigt man ganz diskret indem man einfach eine gewisse Anzahl Flaschen bezahlt – und zwar nach finanziellem Vermögen. Wer gerade etwas mehr hat übernimmt einen größeren Teil der Rechnung, bei wem es gerade etwas eng ist, übernimmt einen kleineren Teil ohne dass darüber gesprochen wird.
Aber auch deine Freunde solltest du dir sorgfältig aussuchen. Wenn es sich dein Kumpel X mit einem der Gangster verscherzt, indem er beispielsweise bei ihm Geld geliehen hat, was er ihm am Stichtag nicht zurückzahlt, dann kann es gut sein, dass du statt X erschossen wirst, wenn der Gangster ihn gerade nicht antrifft. Schonfristen gibt es keine. Das Leben hier ist hart und schonungslos. Und die Kluft zwischen arm und reich eklatant. Und die Trennung ist unverkennbar. Auf dem Weg vom Flughafen nach Salvador verläuft die Schnellstraße wie ein Ring um die Halbinsel, immer etwa 2-5 Kilometer von der Küste entfernt. Es ist eine räumlich Trennung. Auf der Seite zum Meer hin leben die Reichen, die etwa 20% der Bevölkerung ausmachen. Die restlichen 80% leben auf der „anderen“ Seite. In Salvador kann man sich als Tourist in der Altstadt, die vielleicht aus 8 Blocks besteht, frei bewegen. Am Rand der Altstadt stehen Polizisten, die dir nicht verbieten das Gebiet zu verlassen, aber dir dringend davon abraten und dir ganz klar sagen, dass sie dir außerdem nicht zu Hilfe eilen werden, sollte dir auch nur 3 Schritte entfernt etwas passieren.
Die Flüchtigkeit des Seins und der Natur
Wobei ich sagen muss, dass ich gar nicht alle Aspekte Brasiliens gesehen habe – bei Weitem nicht. Es könnten genauso gut unterschiedliche Länder gewesen sein als ich von einer Region zur nächsten gereist bin. Brasilien ist unglaublich vielfätig und zwar auf ganz vielen Ebenen. Allein die Spannbreite der Natur ist sagenhaft. Das Pantanal hat eine unvorstellbare Artenvielfalt – so viele unterschiedliche Vögel habe ich noch nie in meinem Leben gesehen. Ich hatte gehofft dort auch einen Jaguar zu sehen, aber ich war nicht ganz in der richtigen Region unterwegs – da muss ich wohl bis zum nächsten Mal warten. In der Hoffnung, dass es das Pantanal dann noch in seiner ganzen spektakulären Form existiert. Auch wenn weite Teile unter Naturschutz stehen, lässt sich durch andere „Bewirtschaftung“ mehr Geld verdienen.
Die Region rund um die Lençóis Maranhenses ist eine fast unwirkliche Dünenlandschaft, geformt aus Wind, Sand und Wasser. Es ist sagenhaft schön – vielleicht auch weil dir in dem Moment in dem du dort stehst, bewusst ist, dass alles um dich herum vergänglich ist. Dass nichts so bleiben wird wie es jetzt gerade ist. Dass du diesen Moment und diese Schönheit genau jetzt genießen musst – und dass es eigentlich ein Sinnbild deines Lebens ist. Immer im Wandel, immer etwas unberechenbar und zerbrechlich.
Was mich widerrum etwas schockiert hat, war der Wunsch einen besonderen Moment auf Teufel komm raus festzuhalten – und zwar für andere. In einem kleinen Ort am Rio Preguiças waren einige Affen, die ihre Scheu vor Menschen komplett verloren hatten. Und ich wundere mich darüber nicht. Für ein Selfie mit einem Affen werden die Tiere unter anderem mit Chips gefüttert und es geht dabei wirklich nur um das Photo und nicht um das Tierwohl. Wenn es jemand versteht warum man wunderbare Momente festhalten möchte, dann ich, aber die Grenzen sollten respektiert werden und wilde Tiere sollten wild sein und wild bleiben. Manche Momente sind nicht für die Kamera, sondern nur für die Erinnerung gemacht.



Afrikanische Kultur in Salvador
Was vor allem in Bahia sehr präsent ist, ist die afrikanische Kultur. Auch hier liegt der Ursprung in einem dunklen Kapitel des Landes. Der Reichtum der Stadt Salvador basierte auf der Arbeit afrikanischer Sklaven, die massenweise importiert wurden. Aus diesem Zusammenprall der Kulturen sind viele ungewöhnliche Dinge entstanden. Um den Sklaven die christliche Religion näher zu bringen, wurden viele Heilige und auch die Madonna oft dunkelhäutig dargestellt, um eine bessere Identifikation zu ermöglichen. Das Essen ist in Bahia sehr afrikanisch angehaucht, und so ist auch das Nationalgericht Bahias, die Moqueca, ein Fischeintopf, ein typisch afrikanisch-inspiriertes Gericht. Salvador ist bunt. Die Häuser, die Kunst, die Ohrringe, die Haarbänder, die Musik – überall spürt man den afrikanischen Einfluss.
Auch der Ursprung von Capoeria findet sich hier. Denn den afrikanischen Sklaven war es nicht erlaubt Waffen zu tragen oder sich im Kämpfen zu trainieren – nicht, dass sie sich gegen ihre Herren auflehnten. Aber da haben sie die Kämpfernatur unterschätzt. Die Sklaven entwickelten einen „Kampftanz“ mit tanzenden Bewegungen mit denen sie sich über ihre Herren lustig machten und kämpferischen Elementen, mit denen sie ihre Selbstverteidigung stärkten – Capoeria war entstanden. Aber auch heute noch kämpfen die Nachkommen der afrikanischen Sklaven um Gleichberechtigung und Akzeptanz in der Gesellschaft. Vielleicht hast du schon mal von der Musikgruppe Olodum gehört? Es ist eine Percussiongruppe, sowie ein Kulturverein, der sich gegen Rassismus und für die afrobrasilianische Kultur einsetzt. Wovon ich jedesmal eine Gänsehaut bekomme ist das Musikvideo von Michael Jackson, das er gemeinsam mit Olodum zu seinem Song „They don’t really care about us“ aufgenommen hat (wenn du es dir anschauen möchtest, gebe einfach bei YouTube den Zusatz ‚Brazil version‘ ein).



Das ganze Spektrum
So vielfätig und so unterschiedlich das Land, die Natur, die Kultur und die Menschen sind, eines ist immer gleich geblieben. Naja, eigentlich 2 Dinge. Der Caiprinha hat überall fanstatisch geschmeckt! Und die Menschen waren wahnsinnig liebenswert. Sei es die Verkäuferin bei der brasilianischen Version von Subway, bei der ich versucht habe ein Sandwich zusammenzustellen ohne brasilianisch zu sprechen und die mit mir zusammen – mit viel Geduld und Kommunikation mit Händen und Füßen – herausgefunden hat was ich gerne hätte. Oder die Kellner, die als wir gerade aßen den neu-gekauften Ohrring meiner Mama auf der Straße wiederfanden, als sie ihn im Wind Salvadors verloren hatte (ohne es zu merken). Oder als unser Guide uns völlig unerwartet am Tag nach unserer Tour im Hotel ein paar Geschenke vorbeigebracht hat, die typisch für die Region sind.
Wir kennen Rio, die Copacabana und vor allem die Christusstatue, den Cristo Redentor, aus so vielen Filmen. Es ist fast surreal es live zu sehen. Und festzustellen, dass es wirklich so ist wie in den Filmen – nur dass die Aussicht vom Cristo aus fast noch viel beeindruckender ist als die Statue selbst (ich habe sie glaube ich erst nach 10 Minuten das erste Mal wahrgenommen). Und dass Brasilien so viel mehr ist als das was wir aus Filmen kennen. Und auch als das, was wir auf einer Reise dorthin entdecken können. Hell & dunkel – das ganze Spektrum.


Dieser Blogartikel ist ein Auszug aus meinem (noch unveröffentlichten) Buch: Die 6 Herzen der Wanderlust: ¡Hola, Latinoamérica!
Highlight
Amazonas
Es fehlen mir die Worte:
- Der unglaublichste Sternenhimmel den ich je gesehen habe, wo man gar nicht mehr wegschauen konnte
- Der Río Negro in dem man rötlich-orange war
- Die vielen, vielen Tiere (Taranteln, Schlangen, Kaimane), die man nur bei genauem Hinsehen entdeckt hat
- Die Heilkraft der Natur
- Die flooded forests
- …
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